Beitrag vom: 29.05.2024 Kategorie: Willkommen

„Lost in Translation…“ – Literarischer Frühling mit dem Übersetzer Tobias Schnettler am GSG

 

Am 24. April 2024 bekamen wir Schülerinnen und Schüler der 10. und 11. Jahrgangsstufe die Möglichkeit, den Beruf des Übersetzers kennenzulernen. In einem fesselnden Einblick erlebten wir die Vielschichtigkeit dieses Berufsfeldes und entdeckten, wie Sprache Grenzen überwinden und Kulturen verbinden kann.

 

Im Rahmen des „Literarischen Frühlings Nordhessen“ präsentierte der 1976 in Hagen geborene Dr. Tobias Schnettler in der Aula des Gustav-Stresemann-Gymnasiums einen Einblick in seine Arbeitsweise.

Dabei erwies sich Schnettler nicht nur als erfahrener freiberuflicher Übersetzer von literarischen Texten und Sachbüchern, sondern auch als Erzähler von Geschichten jenseits der Worte.

Seine Ausbildung begann mit einem Studium der Amerikanistik in Hamburg und San Francisco, das er mit einer Promotion abschloss. Nach dieser akademischen Laufbahn fand er seinen Weg in die Welt der Bücher und arbeitete in einem renommierten Verlag. Doch seine wahre Berufung offenbarte sich erst, als er 2011 begann, Werke von Autoren wie John Ironmonger, Nell Zink und Neal Stephenson ins Deutsche zu übertragen. Seine jüngste Übersetzung, „Die Süße von Wasser“ von Nathan Harris, ist nur ein weiteres Meisterwerk in seiner beeindruckenden Bibliographie.

 

 

„Wie funktioniert das – ‚übersetzen‘?“, fragte er die anwesenden Kurse zu Beginn seines Vortrages. Für ihn geht es nicht nur darum, Worte aus einer Sprache stumpf in eine andere zu übertragen. Vielmehr sei dies eine besondere Kunst, die es ermögliche, den Leserinnen und Lesern völlig neue Welten zu erschließen, andere Kulturkreise und Denkweisen zu entdecken. Sein Ziel sei es, dass jeder, der seine Übersetzungen lese, ein Erlebnis habe wie jemand, der den Originaltext lese.

Seine erste große Motivation war die Übersetzung des berühmten Romans „Die Frau mit den fünf Elefanten“ von Swetlana Geier. Daran lernte er, dass Übersetzen nicht einfach das Eins-zu-eins-Übertragen von Wörtern ist, sondern vielmehr eine Aneignung des Textes, eine Interpretation und Neuschöpfung in einer anderen Sprache. Die Realität seines Berufes beschrieb er als eine Mischung aus Kreativität und Präzision. Angefangen mit einer Anfrage vom Verlag, arbeitet er als freiberuflicher Übersetzer, der sich bemüht, so nah am Originaltext wie möglich zu bleiben, während er gleichzeitig die Freiheit hat, kreative Entscheidungen zu treffen. Dabei erläuterte Schnettler anhand verschiedener Textsorten, Zeitebenen, Konnotationen und Perspektiven das vielfältige Entscheidungsspektrum, die Variationsmöglichkeiten und Herausforderungen im literarischen Übersetzungsprozess.

Abschließend reflektierte Tobias Schnettler die Bedeutung von KI-Übersetzungen in der heutigen Zeit. Auch wenn Technologie eine wichtige Rolle spiele, betont er die Bedeutung des menschlichen Faktors und die unersetzliche kreative Komponente der Übersetzungskunst.

Am Ende eröffnete sich uns die Gelegenheit, Fragen zu stellen und unser Wissen zu erweitern. Die Teilnahme an dieser Veranstaltung war ein Privileg, da wir einen Einblick in einen Beruf gewannen, der außergewöhnlich und faszinierend ist. Unser Dank gilt den Veranstaltern sowie natürlich Dr. Tobias Schnettler für diese Möglichkeit.

 

 

Text: Ilayda Oezdemir

Fotos: Achim Sünnemann

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